Abschied nehmen. Loslassen. Es fällt schwer. Das Wissen, dass wir dem Tod nicht entkommen, lässt die Gefühle und Gedanken um diese Thema dennoch nicht abklingen oder zu einem schlüssigen Ende finden. Aber ein Ende findet uns alle früher oder später. Traurig… Wirklich… Echt.
Hesse schrieb in seinem Gedicht „Stufen“: „Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegen senden, des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...“
Wie kann ich das lesen? Ist dieses "Vielleicht" nicht ein "Sicher"? Wir kommen als Wunder auf die Welt und werden mit Erfahrungen gehen. Wohin? Dieses Unwissen, wenn auch viele Religionen oder Lebensphilosophien darauf Antworten geben (wollen), ist doch unklar. Soll daher nicht das Leben nach Hesses Worten ein Ruf an uns sein?
Leben, nicht leben lassen. Abschied nehmen, Neues entdecken. Loslassen, Neues zulassen.
Ist denn Loslassen bedingt verbunden mit Vergessen? Antoine de Saint- Exupéry schrieb „Wenn ihr mich sucht, suchet mich in euren Herzen. Habe ich dort einen Platz gefunden, werde ich immer bei euch sein.“
Aber ist unser Herz grenzenlos groß?
Aus dem Tantrismus entwickelt, gibt es in der Chakrenlehre ein der Herzgegend zugeordnetes Chakra: Anahata. Anahata, aus dem Sanskrit übersetzt, bedeutet so viel wie „das Unverletzliche“. Ein Herz, das spirituell nie verletzt werden kann?
Anatomisch gesehen ist das Herz ein Hohlmuskel und für die Versorgung aller Organe verantwortlich; es kann durchaus verletzt sein und werden. Und schlägt es einmal nicht mehr, ist dann das Ende? Für den Menschen, dessen Herz nicht mehr schlägt, anatomisch betrachtet ja. Was von dem Menschen in einem selbst bleibt, das darf jeder für sich kreieren.
Aber bedeutet denn ein Ende wirklich ein Nicht-mehr-Sein?
Mit den Worten von Stanislaw Jerzy Lec, einem polnischen Lyriker: „Auch wenn die Brücke bricht, bestehen die Ufer weiter.“ Bricht das Band, die Verbindung mit dem Tod? Und wenn ein Ufer nicht mehr vorhanden ist, so ist womöglich das andere Ufer umso wertvoller und umsichtiger zu erhalten. Sollten wir dem Tod nicht auch mit einem Lächeln begegnen, da er lehrt, wie wertvoll das eigene Leben ist.
Das Abschiednehmen als Teil des Leben sehen, wie den Atem: Aufnehmen beim Einatmen - Loslassen beim Ausatmen. Dass Loslassen auch mit Angst, Wut und Trauer – mit purer Verzweiflung – einhergeht , das soll das Lächeln nicht aufheben. Doch sehr oft wird der Tod nur als grausam betrachtet – schwarz, dunkel und unklar. Rainer Maria Rilke schrieb berührend
"Irgendwo blüht die Blume des Abschieds
und streut immerfort Blütenstaub den wir atmen herüber,
und auch noch im kommendsten Wind atmen wir Abschied."
Den Blütenstaub streuen… Lächeln in Erinnerung an die guten Momente, in Erinnerung, die wohl tut. Tränen, die dabei fließen dürfen – nicht nur aus Trauer, auch aus Freude. Freude, aber auch Traurigkeit, lassen das Herz weit werden, öffnen es.
Und solange wir unser Herz haben, es schlagen hören, fühlen können und öffnen wollen:
„Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“
Hermann Hesse
Sinnliche Grüße von Herzen,
Isabell
Lesetipps
- "Vier minus Drei" von Barbara Pachl-Eberhart http://www.barbara-pachl-eberhart.at/buecher/beschreibung/inhalt-lange-version/51
- "Lieber Abschied, sei willkommen" von Barbara Pachl-Eberhart
http://www.barbara-pachl-eberhart.at/mediathek/print/artikel-von-mir/410
- "In die Sonne schauen" von Irvin D. Yalom
- "Stufen" von Hermann Hesse
Meditationstipps: - "Heile dein Herz" von Laura Malina Seiler unter: https://lauraseiler.com/080-podcast-meditation-heile-dein-herz/
- https://www.yoga-aktuell.de/yoga-praxis/meditation/herz-meditation/
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