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  • Isabell

Die Liebe ist

Gedanken, Gedichte und Erfahrungen über die Liebe und ihre möglichen Formen.

Weihnachten, das Fest der Liebe liegt hinter mir. Vor mir liegt eine Weihnachtskarte mit den Worten von Jutta Hense:

"Weihnachten, das Fest der Liebe, wenn wir alle bereit wären, der Liebe mehr Raum zu geben, dann könnte Weihnachten das Fest der Liebe sein." Jutta Hense

Ich frage mich, wie groß denn der Raum für Liebe ist und welche Formen von Liebe darin Platz bekommen? Oder gibt es denn womöglich mehrere Räume?


Im Buch "Philosophie der Liebe" von Peter Trawny schreibt der deutsche Philosoph: "Jeder, der über Liebe spricht und schreibt, spricht über sich." Ja, das tue ich hier auch mit diesen Zeilen. Es sind meine Gedanken und Erfahrungen, die ich teilen möchte. Wozu? Um wie oben in den Worten von Jutta Hense geschrieben, neue Räume der Liebe aufzumachen.

Denn es braucht nicht nur Weihnachten für ein Erinnern der Liebe. Liebe braucht es täglich.

"Neue Räumen entstehen dadurch, dass wir eintreten." frei nach Franz Kaftka

Liebe. Was ist Liebe? Vom mittelhochdeutschen liep für „Gutes, Angenehmes, Wertes“ erklärt mir Wikipedia, dass es eine Bezeichnung für die stärkste Zuneigung und Wertschätzung ist. Alles klar, denkt sich mein Kopf. Doch mein Herz klopft leise an die Stirn zu meinem Hirn und fragt "Aber wie messe ich denn die stärkste Zuneigung und Wertschätzung?".

Mein Hirn beginnt zu überlegen und zu suchen...

Ein Gedicht von Rumi, das mich diese Tage erreicht, kommt mir in den Sinn:

"Deine Aufgabe ist nicht, nach Liebe zu suchen, sondern nur alle Hindernisse in dir zu suchen und zu finden, die du gegen sie aufgebaut hast." Rumi

Ich spüre mein Herz öffnet sich diesen Worten. Erfahrungen in den letzten Wochen, wo ich mich auf diese Hindernisse eingelassen haben, werden mir bewusst. Sich der Lebenserfahrung von Liebe hinzugeben und sie auszuleben, wobei Liebe für mich hier nicht die körperliche beschreibt, sondern die des Geistes. Leidenschaftliche Wörter in geschriebener Form, die Liebe ausdrücken. Und das zu jemanden, der nicht mein Partner ist.

Dabei den Zweifel und der eigenen Unsicherheit widerstehen, war nicht einfach. Das tut man doch nicht, wenn ich in einer Beziehung bin - sagte eine strenge Stimme in mir. Doch ich tat es, aber aufrichtig, in dem ich meinem Partner sagte, dass ich mich verliebe. In einen anderen Mann. In einer besonderen Form.

Nur welcher Liebesgott/göttin "besucht" mich hier gerade im Leben durch diese neue Begegnung? In der Antike wurden verschiedene Formen von Liebe versucht zu erklären.

Eros, die Liebe von Leidenschaft und Lust.

Philia, die geistige Liebe.

Ludus, die spielerische Liebe.

Eros, Philia und/oder Ludus?

Wer ist es? Ein Gedicht von Erich Fried über die Liebe lässt mich meinem Gefühl der Liebe wohlwollender annehmen, als eine Definition der griechischen Mythologie.


«Es ist Unsinn, sagt die Vernunft Es ist was es ist, sagt die Liebe

Es ist Unglück, sagt die Berechnung Es ist nichts als Schmerz, sagt die Angst Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht Es ist was es ist, sagt die Liebe

Es ist lächerlich, sagt der Stolz Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht Es ist unmöglich sagt, die Erfahrung Es ist was es ist, sagt die Liebe.»

Erich Fried


Ich empfinde Mitgefühl mit mir, dass es ein Bedürfnis in mir gibt, das ich in der neuen Begegnung stille. Die französisch-israelische Sozilogin Eva Illouz, die seit über 30 Jahren über Liebe und Romantik forscht, schreibt mir dazu aus dem Herzen:

"Dass wir vielleicht sogar neue Formen leidenschaftlicher Liebe wiederfinden können."

Vielleicht braucht es das? Vielleicht brauche ich das...

"In einer Welt der Leistung und der Konkurrenz, der individuellen Bereitschaft, sich in dieser Welt durchzuschlagen, wird der Imperativ der Unabhängigkeit so mächtig, dass er das Begehren nach einer dauerhaften Bindung zersetzt." schreibt Peter Trawny in seinem Buch und nähert sich einem Thema, das für mich in Bezug auf Liebe eine Wichtigkeit bekommt: Freiheit.

Wenn ich höre "Ohne dich kann und will ich nicht leben." oder "Du bist das Wichtigste für mich" wird es eng in mir. Ich spüre Angst um meine Freiheit und meine Unabhängigkeit, mich dem anderen voll und ganz zu verantworten. Sind doch der andere und ich eigenständige Persönlichkeiten. War es vielleicht früher eine Voraussetzung sich dem anderen zu verschreiben, so spüre ich die Sehnsucht in der Liebe frei zu sein. Mit der Konsequenz, dass ich aus heutiger Sicht nicht vor den Traualtar trete und mich wohl auch leichter verliebe, weil ich frei sein will. Und wieder greife ich auf ein anderes schönes Gedicht von Erich Fried zurück: "Wie du solltest geküsst sein"


"Ich küsse (...) deine Liebe zu mir und deine Freiheit von mir deinen Fuß der hergekommen ist und der wieder fortgeht ich küsse dich wie du bist und wie du sein wirst morgen und später..." Erich Fried

Mir geistert noch ein Name aus der Antike im Kopf, der sich diesem Gedicht etwa annähert: Agape, die bedingungslose Liebe. Sie ist. Selbstlos und frei. Können wir diese Form leben? Ohne Erwartungen und Wünsche dem anderen Menschen gegenüber? Ist diese Form von Liebe vereinbar in einer Beziehung? In einer Welt, in der ich Bedürfnisse habe.

Ich gehe einen Schritt weiter in den Raum der Liebe von Vertrautheit. Die Griechen nannte sie "Storage". Ihr wird die Liebe von Kind und Eltern zugeschrieben. Was wäre, wenn wir diese Liebe von Anfang an erfahren hätten? Würden wir dennoch Sehnsüchte in uns stillen wollen oder gäbe es kein Bedürfnis mehr? Weil wir geliebt wurden, wie wir sind.

Ich glaube, so einfach ist es nicht in dieser Welt. Dazu sind wir alle geprägt aus unserer Vergangenheit, der unserer Eltern, Großeltern, usw. Was nicht heißt, dass wir nicht dennoch lieben können.

Die Frage stellt sich mir, ob ich lieben lernen will. Ob ich mir meine Prägungen und Bedürfnisse ansehe? Gewiss ist das nicht immer einfach und manchmal auch schmerzhaft. Zu sehen und zu fühlen, dass ich hier und da bedürftige, wunde und wohl auch blinde Flecken habe. Aber das macht mich auch zum Mensch. In diesem Prozess braucht es meiner Erfahrung nach auch eine Brise Selbstliebe: Philautia. Hierzu lasse ich Aristoteles auferstehen mit seinen Worten:

„Alle Gefühle für andere sind eine Erweiterung der Gefühle eines Menschen für sich selbst.“ Aristoteles

Zurück zu meinen Gefühlen. Als ich vor Tagen in den Bergen mit mir unterwegs war, spürte ich in einem Moment ganz bewusst, dass mir meine Beziehung mit meinem Partner wichtig(er) ist, als ich bisher dachte und ich mir selbst erlaubte zu fühlen. So wie die Berglandschaft über lange Zeit beharrlich entstand, in der ich immer wieder gerne meine Seele baumeln lasse, war für mich bewusst: Ich bin bereit dran zu bleiben, selbst wenn ich in jemand anderen verliebt bin. Auch durch dieses Tal und den nächsten Gipfel zu gehen. Gemeinsam. Zu wachsen aus den Erfahrungen, die ich aus der Begegnung mit dem neuem Mann im Herzen mitnehme.

In diesem Moment war mir klar, so wie die Aussicht am Gipfel des Bergplateaus: Ich erfahre gerade eine reife Liebe. Pragma. Ja, ich will mich um meine Beziehung kümmern und sie pflegen, mit allen was da ist, weil es da sein darf. Und ich werde hinsehen und mutig hinfühlen in die Sonnen- und Schattenseiten, die wir doch alle in uns tragen. Auch das ist für mich ein Aspekt, der uns natürlich sein lässt. Mensch sein.


Auch, wenn der Weg und die Räume noch nicht alle da sind, weil sie sich neu formen und eröffnen, bin ich in Vertrauen, dass wir die Liebe in all ihren Formen brauchen und auch in uns tragen. Oder sogar mutig nach außen zeigen dürfen. Wozu haben wir ein Herz, das lieben kann? Das uns mehr miteinander verbindet, als wir denken.

"Dein Herz kennt den Weg."

Auf das 2023 viel Liebe bringen mag und wer weiß welche Formen wir noch finden diese zu leben. Denn Liebe kennt keine Grenzen.


In Liebe,

Isabell



 

Lesetipp: - "Philosophie der Liebe" von Peter Trawny - Interview mit Eva Illouz: Liebe aus der Sicht der Soziologin Eva Illouz: Warum sie endet | STERN.de


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